Blog-Layout

Bevor isch misch uffrech is mers lieber egal:

Achtsamkeit "uff Rhoihessisch"

Achtsamkeit heißt in erster Linie für mich, den Moment feiern, erleben, zulassen...


Das Motiv "Bevor isch misch unffresch is mers lieber egal" ist ein Linolschnitt. Das hat viel mit Achtsamkeit zu tun, denn Linol schneiden ist vor allem Konzentration, sich auf das Schneiden mit scharfem Werkzeug zu fokusieren, das Motiv, die Handhaltung und alles im Blick zu behalten. Beim Linol schneiden ist mir extrem aufgefallen, sobald man den Gedanken freien Lauf lässt, vor allem, wenn es blöde Gedanken sind (was mich ärgert(e), was mich aufregt, was mich bewegt), dann habe ich keinen sauberen Schnitt, denn das Messer bleibt nur auf seinem Pfad, wenn ich meine ganze Aufmerksamkeit dem widme, was ich gerade tue: Linol schneiden.


Das kann man auf alle möglichen Tätigkeiten ausweiten: nur wenn man bei der Sache bleibt, sich ihr förmlich hingibt, dann kommt ein gutes Ergebnis zustande.  Wenn ich Geschirr spüle, den Hof fege, im Garten bin oder wo und was auch immer tue, dann möglichst nur das: im Kopf, mit den Händen und allen Sinnen.

Dass es einem lieber egal ist, das klingt erstmal blöd, denn Achtsamkeit ist ja eher das Gegenteil, aber die Fähigkeit sich nicht aufzuregen ist schon ein erster Schritt zur Achtsamkeit. Nur wenn ich mich nicht aufrege, bleibt mir die Fähigkeit mit einem gewissen Abstand auf die Person oder Aktion zu sehen, mir ein wertfreies Urteil zu bilden.


Wertfrei ist ein Wort, dass die Achtsamkeit gegenüber den Bedürfnissen anderer Menschen als Grundlage hat. Sehe z.B. ich einen Menschen in Not, dann macht es wenig Sinn darüber nachzudenken, ob er wohl selber schuld ist an seiner aktuellen Lage, oder ein Anderer, er braucht einfach Hilfe und das sofort.

Achtsamkeit bedeutet auch im Zuhören, den anderen wirklich zu verstehen. Ich habe so eine nette Definition über das Zuhören gelesen: Es gibt Menschen die Zuhören und verstehen und solche die nur zuhören um eine Antwort zu geben. Man kann einfach nur da sein, ein Blick, eine Berührung, Verständnis aufbringen und nicht alles bewerten . Also: net Uffresche, dann bleibt man Handlungsfähig. Klingt einfach und kann Teil der Übung sein, die wir im Alltag anwenden können. Die Ruhe bewahren und "wies Brezzel backe", eins nach dem anderen machen oder denken.


Das fängt schon an bei der Atmung. Ich hatte vor Jahren in einer Therapie-Sitzung die Aussage der Therapeutin zu verdauen, die mir sagte, ich müsse atmen lernen. Hä? Ich atme doch, dauernd! - Ja, aber wie? Im QiGong habe ich gelernt, was da gemeint war. Man kann die Atmung bewußt wahrnehmen, man kann sich auf die Länge eines Atemzuges konzentrieren, wieviel Luft und wie lange man ein- und ausatmet. Allein die Beschäftigung mit meiner Luftzufuhr ist eine geniale Übung zur Achtsamkeit und hilft in Stresssituationen schnell und effizient. Also immer schön atmen, bewußt atmen und zum "Zentrieren" nur das denken.


Medizinisch ist bewiesen, dass die, seit Jahrhunderten Teil der buddhistischen Lehre, praktizierte Achtsamkeit Angst, Stress, Depression und Schmerzen lindern kann. Das ist doch was!



Der Rheinhesse, die Rheinhessin, ist persé geneigt sich net uffzuresche, kann sich aber auch künstlisch uffresche oder er lässt die Sau raus, wenns ihm stinkt. Deswegen scheint mir unser Dialekt so vielseitig, denn die Art, wie man was ausdrückt spricht Bände uff Rhoihessisch!


Also net Uffresche, Gelassenheit hilft!

Instagram

von Nicole Schmuck-Kersting 20. März 2025
Ich befasse mich schon seeeehr lange mit dem Thema Wein. In meiner Kindheit spielte der Rebensaft schon eine große Rolle. Mein Vater hat uns Kinder immer mal probieren lassen. Viele werden jetzt den Kopf schütteln, Wein und Kinder?! Es waren andere Zeiten und auf dem Land in Rheinhessen, gehörte Wein schon immer zum Alltag. Außerdem war es in meiner Kindheit und Jugend ganz selbstverständlich, mit in den Wingert zu gehen, beim Rebschnitt, beim Biegen, beim Hacken und natürlich ganz besonders in der Zeit der Weinlese zu helfen. Während die Jungs eher scharf waren aufs Butt tragen, Traktor fahren und keltern, mischte ich eher beim Lesen mit der Schere mit. So wurden Eimer für Eimer die tollen Trauben, die auch sehr gut schmeck(t)en, in die Butt gefüllt, zum Traktor geschleppt und in die große Bütte geleert. Die Pausen waren immer ein besonderes Highlight, mit Vesper und gutem Essen an der frischen Luft. Und man hatte auch immer ein bisschen Geld in der Tasche, nach der Arbeit im Weinberg. Mein Opa war Wingertschütz und verteidigte die leckeren Pergel vor den Staren mit Schreckschusspistole und Aufmerksamkeit. Ich durfte ihn rotkäppchenmäßig, den Korb mit Essen und einer Flasche Wein zum Wingertshäuschen bringen. Zu der Zeit waren auch noch viele Menschen im Weinberg, zur Zeit der Lese, denn es wurde nur mit Hand geerntet, gesungen und erzählt. Die Trauben kamen ins Kelterhaus, wo der Winzer seine lange Arbeit anfing aus dem Traubenmost einen guten Wein zu machen. Bis so ein Tropfen in der Flasche landet, braucht es viel Geduld, Fachwissen und Liebe. Deswegen sehe ich die Produktion von Wein auch als Kunst. Unangefochten! Und da kommen wir zum Thema: Poesie in Flaschen! In jeder Flasche Wein stecken die Rebsorte, die Sonne, der Boden, das Wetter und ganz viel Können des Winzers, der Winzerin. Wein ist Natur und Liebe, in Flaschen verpackte Freude am Produkt. So mancher Wein erweckt im Gaumen ganze Feuerwerke an Aromen, man schmeckt die Erde (Terroir), die Früchte. Jeder Wein ist für sich ein Kapitel im großen Buch der Aromen und jeder Jahrgang eine neue Herausforderung an Mensch und Gerät. Im Reifeprozess entstehen die Verse, die den Wein zum Gedicht machen. Erst dann kommt die Poesie in Flaschen. Prost, die Selztalerin
von Nicole Schmuck-Kersting 5. November 2024
Alze(y), die heimliche Hauptstadt Rheinhessens
von Nicole Schmuck-Kersting 26. Oktober 2024
Bilder, die Geschichte(n) erzählen: Gude Meenz
Share by: